Presse
Ein starkes Team - Chemie Technik
Ausgabe 6 / 2004
Geschlechtsspezifische Unterschiede verstehen und richtig einsetzen
Ob zuhören oder Ratschläge geben - in der Kommunikation
könnten die Unterschiede zwischen Frauen und Männern kaum
größer sein. Nur wer gelernt hat, mit diesen Unterschieden
umzugehen, kann sie produktiv einsetzen. Das gilt vor allem im Geschäftsleben,
wenn die beiden Geschlechter in unterschiedlichen Positionen aufeinander
stoßen - als Mitarbeiter und als Führungskraft.
Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern scheinen im heutigen
Berufsleben so gut wie weggewischt zu sein. Ein Blick in den Spitzensport
stützt diese Ansicht. Die Williams-Schwestern dreschen den
Ball mit ihren Muskelpaketen so hart über das Tennisnetz, dass
sie problemlos bei den Herren mithalten könnten. Annika Sörenstam
schwingt ihren Schläger so perfekt, dass gestandene Golfprofis
sich vor laufender Kamera einen ähnlich perfekten Schwung für
ihr Spiel wünschen. Und Jutta Kleinschmidt donnert mit ihrem
Auto durch die Sahara und lässt auf der Strecke Paris-Dakar
sämtliche männlichen Konkurrenten im Wüstenstaub
hinter sich.
Unterstützung richtig anbieten und auch annehmen
Frauen und Männer haben in unserer Gesellschaft die gleichen
Rechte und Pflichten. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber
auch fast schon auf. Von Frauen kann man zum Beispiel lernen wie
wichtig es ist, anderen zuzuhören.
Männer dagegen nehmen Hilfe in der Regel nur dann gerne an,
wenn sie selbst darum bitten. Doch auch das gehört nicht gerade
zu ihrem Alltag. Freiwillig fragen die meisten nur dann um Rat,
wenn sie wirklich nicht weiterwissen. Eine gute Möglichkeit
für Führungsfrauen besteht darin, den Mann um einen Rat
zu bitten, anstatt eigene Hilfe anzubieten. Sonst wird sie bei ihm
möglicherweise das Gefühl auslösen, dass er in ihren
Augen seinen Job nicht richtig macht.
Wenn eine 'starke' Frau es schafft, einen Mann sein Ziel selbst
erreichen zu lassen und ihm dann noch die gebührende Anerkennung
geben kann, dann ist sie auf dem richtigen Weg. Eine Frau dagegen
fühlt sich angenommen, wenn man ihr Hilfe zur Erreichung ihrer
Ziele anbietet. In der gleichen Situation fühlt sich ein Mann
eher angegriffen oder verletzt. Chefinnen sollten deshalb versuchen,
keine ungebetenen Ratschläge zu geben, sondern nur Informationen.
Im Unterschied zu Männern sind die meisten Frauen im Umgang
mit Problemen völlig unproblematisch. Sie sprechen gerne über
Probleme - allerdings nicht nur, um eine Lösung zu finden.
Oft suchen sie Nähe. Der Mann wittert in einer solchen Situation
seine Chance. Er hat eine Lösung parat und will sie der Frau
präsentieren. In diesem Fall sollte er allerdings darauf verzichten,
einen ungebetenen Tipp zu geben, da die Frau sich unverstanden fühlen
wird. Er sollte einfach zuhören und ihre Gefühle spüren.
Wenn Frauen mit Männern über ihre Probleme sprechen, dann
ist das auch ein Zeichen von Vertrauen. Frauen müssen nicht
ständig die eigene Kompetenz unter Beweis stellen, was bei
Männern oft fast zwanghaft der Fall ist. Deshalb fällt
es Frauen auch leicht, Hilfe anzubieten und anzunehmen. Je mehr
Einzelheiten eine Chefin in einem Gespräch, in einer Sitzung
oder bei einer Präsentation schildert, desto angespannter wird
der Mann. Schließlich haben die Herren der Schöpfung
ihre Lösung für das Problem schon längst im Köcher.
Erwartungsvoll harren sie der Chance, die Idee endlich abfeuern
zu dürfen.
Deshalb folgender Tipp:
Wenn die Chefin weiß, was sie erreichen will, dann sollte
sie ihm den Vortritt lassen. Die Einzelheiten können anschließend
folgen. So hilft sie dem Mann, ihr entspannt zuhören zu können.
Entspannte Atmosphäre erleichtert vieles
Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen können Probleme
mit sich bringen, wenn man sie nicht versteht oder nicht mit ihnen
umgehen kann. Das gilt nicht nur fürs Geschäftsleben.
Gerade im Privatleben kann es auf Grund der Differenzen zu Spannungen
kommen. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Arbeit. Um eine beruflich
und privat zufrieden stellende Lösung zu finden, bietet es
sich oft an, dass Teilnehmer von Führungsseminaren ihre Lebenspartner
mitbringen.
Sicher ist: Wenn man die unterschiedlichen Stärken und Qualitäten
von Mann und Frau versteht und richtig einsetzt, sind sie im Verbund
unschlagbar. Entsprechend dem Motto: Die Mischung macht's.
Manfred Rumi, Unternehmensberatung Pluspunkt
Interview mit Manfred Rumi
"Persönliche und soziale Kompetenz
entwickeln"
CT: Welche typischen Probleme in der Kommunikation unter
männlichen und weiblichen Kollegen in naturwissenschaftlich-
technischen Berufen führen nach Ihrer Erfahrung besonders häufig
zu Problemen?
Rumi: Wenn Partner ihr Gegenüber nicht verstehen, nichts
über ihre Unterschiedlichkeit wissen, kostet es Energie. Die
Folge sind in vielen Fällen Auseinandersetzungen, Kämpfe,
Ängste, private oder berufliche Trennung, Frust oder auch Mobbing.
In einem solchen Umfeld Veränderung zu bewirken, Neues zu kreieren,
ist schwer wenn nicht gar unmöglich.
Extrovertierte Entscheider ob Männer oder Frauen
dominieren oft. Introvertierte, gefühlsmäßig angelegte
Frauen und Männer haben oftmals Schwierigkeiten, den anderen
zu verstehen, weil sie seine Sprache nicht übersetzen
können. Männern und Frauen sowie Teams, die in einem solchen
vermeintlichen Spannungsfeld stehen und von denen erwartet wird,
dass sie erfolgreich zusammenarbeiten, empfehle ich in einem ersten
Schritt ihre Werte und Dominanzen über einen Persönlichkeitstest
herauszufinden. Sie erfahren so schnell, wer sie in ihrem Verhalten
sind. Mit dieser Erkenntnis verringern sie z.B. Fehlbesetzungen
von Positionen und Teams.
CT: Gleichen sich männliche und weibliche Denk- und
Kommunikationsweisen durch die zunehmende Gleichstellung von Mann
und Frau mit der Zeit an?
Rumi: Ich glaube nicht, dass sich durch die gesellschaftlichen
Veränder-ungen in den Grundanlagen von Männern und Frauen
etwas verändern wird. Frauen und Männer adaptierten ihre
Werte in einem veränderten Umfeld. Das heißt, sie verbiegen
sich, um so zu sein, wie es die Position oder Gesellschaft von ihnen
erwartet. Das birgt große Gefahren, die zu innerer Kündigung
oder Krankheit führen können. Genau wie im Berufsleben
sind auch privat die zwischenmenschlichen Beziehungen entscheidend
für Zufriedenheit und Erfolg. Führungskräften gerade
in naturwissenschaft-lichen technischen Bereichen empfehle ich,
sich und ihre Mitarbeiter auf den Gebieten der persönlichen
und sozialen Kompetenz zu entwickeln.
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